Fünf empfehlenswerte Spots für famose Vogelbeobachtungen

Es gibt schon schrullige Hobbys!“, denkt sich wohl zumindest der eine oder andere. Denn ein  „Ah ja. …“ ist mitunter die einzige knappe Reaktion, die man auf die Ankündigung erhält, dass man in Kürze zum Vogelbeobachten aufbrechen will.

Wobei sich Skeptiker und Spötter vielleicht einfach noch nie die Zeit für Vögel genommen und daher eine Menge verpasst haben. Denn ganz ehrlich: Man braucht kein eingefleischter Ornithologe und nicht mal laienmäßig wirklich sattelfest in der Vogelkunde sein, um dem Innehalten, Beobachten und Lauschen einiges abzugewinnen. Für mich als Gelegenheits-Vogelgucker ist es mal der elegante Flug, mal die schiere Größe oder auch das Kennenlernen perfekter Anpassungsstrategien einzelner Vögel, die mich staunen lassen und begeistern. Und immer wieder ist es das „Gesamtpaket Natur“, zumal an Orten wie diesen:

#1: Deutschland, Bayern: Beim König der Lüfte in den Allgäuer Alpen

Der Giebel ist ein typischer Allgäuer Grasberg mit langen, grünen Flanken. Offizielle, markierte Wege auf den Gipfel sucht man vergebens; die Nordwand fällt steil ab und ist selbst von Erfahrenen nur mühsam zu durchklettern. Rund um diesen Berg ist einer der idealsten Spots in Deutschland, um Steinadler zu beobachten.

Lange wurde der König der Lüfte systematisch verfolgt. Seit Anfang der 1970er Jahre hat sich der Steinadlerbestand zwar erholt, gilt aber hierzulande weiter als stark gefährdet: In Deutschland – in den Alpen, zwischen Berchtesgaden und Oberstdorf – leben derzeit 45 Adlerpärchen, allein elf davon im Oberallgäu. Das in der Giebelnordwand brütende Steinadlerpaar gilt eines der erfolgreichsten bei der Brut.

Am Bergfuß ist in der Adlerhütte eine Infostation des Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) eingerichtet; dort darf man auch durchs Spektiv schauen.

Steckbrief

Was gibt’s zu sehen? Steinadler

Wann ist die beste Zeit? Ab Mai (wenn der Nachwuchs im Horst großgezogen wird) bis September.

Ausgangspunkt? Hinterstein. Von dort auf der nicht-öffentlichen Straße zehn Kilometer bis zum Giebelhaus bzw. zur daneben stehenden Adlerhütte – entweder mit dem Bus, zu Fuß oder, Empfehlung: mit dem eigenen Fahrrad.

Informationen & Führungen: Steinadlerschutz des LBV – im Sommerhalbjahr gibt es immer samstags spannende Führungen, die der Allgäuer Schutzgebietsbetreuer Henning Werth gemeinsam mit Kollegen und ehrenamtlichen Helfern organisiert.

Gleich neben dem Giebelhaus: in der Adlerhütte betreut der LBV eine Infostation.

#2: Deutschland, Brandenburg: Zug um Zug im Nationalpark Unteres Odertal

Genau genommen braucht man im nordöstlichsten Zipfel von Brandenburg nicht mal aus dem Bett steigen, um Kranichen gewahr zu werden. Denn mit ihrem lauten Trompeten kündigen sie sich schon aus der Ferne am Himmel an. Das Öffnen des Fensters, während man sich morgens noch ein paar Minuten räkelt, kann also schon ohne Weiteres das große Versprechen auf eindrucksvolle Zugvogelsichtungen – oder sollte es heißen: -hörungen – einlösen.

Wenn’s ein bisschen mehr sein soll, begibt man sich zum nächstbesten Flachwasser, in denen die Kraniche vor Feinden geschützt nachts im Stehen schlafen oder zu Stoppelfeldern, auf denen sie tagsüber Nahrung suchen. Solche störungsarmen Flächen finden die Kraniche im Nationalpark Unteres Odertal und generell in der dünn besiedelten Uckermark.

Steckbrief

Was gibt’s zu sehen? Kraniche (und andere Zugvögel)

Wann ist die beste Zeit? September/Oktober (und dann wieder im Frühling)

Ausgangspunkt? Mit der Bahn ist Pinnow gut zu erreichen, von dort weiter mit dem Fahrrad in Richtung Nationalpark. Alternativ mit dem Auto, bspw. nach Criewen und von dort zu Fuß in die Polder. Bei Stützkow gibt es passend den Beobachtungsturm „Fliegender Kranich“.

Informationen und Führungen: Nationalpark Unteres Odertal

(Video: W. Rothe)

#3: Deutschland, Niedersachsen: Vogelzug, zum Zweiten

Auch im äußersten Nordwesten der Republik stehen im Herbst alle Signale auf Vogelzug: Die Insel Borkum, die sich selbstbewusst als schönster Sandhaufen der Welt zelebriert, liegt im Wattenmeer, das als die Drehscheibe des Ostatlantischen Vogelzugs gilt:

Vögel, die weit im Norden brüten, rasten im Wattenmeer und füllen ihre Energiereserven wieder auf, bevor es weiter in ihre zumeist westafrikanischen Winterquartiere geht. Ohne den Nahrungsreichtum der von Ebbe und Flut gekennzeichneten Landschaft könnten die Vögel ihren weiten Flug gar nicht meistern – aus diesem Grund steht das Wattenmeer auch unter speziellem Weltnaturerbe-Schutz der UNESCO.

Sehr schön lässt sich das Beobachten von Zugvögeln – darunter Ringelgänse, Sandregenpfeifer und Pfuhlschnepfen – mit einer herbstlichen Radtour durch die Dünen im Osten der Insel Borkum verbinden.

Steckbrief

Was gibt’s zu sehen? mehr als zwei Millionen Zugvögel im Wattenmeer

Wann ist die beste Zeit? zu den Zugvogelzeiten im Frühling und Herbst

Ausgangspunkt? Das eigene Inselquartier – von Borkum Stadt bis zum äußersten Spitze vom Ostland sind es kaum zehn Kilometer. (Mehrere Radverleiher im Ort.)

Informationen und Führungen: Zentraler Anlaufpunkt auf Borkum ist das Feuerschiff Borkumriff, das heute als Nationalpark-Besucher- und Informationszentrum im Borkumer Hafen liegt. Das Schiff war früher ein schwimmender Leuchtturm und hat vor gefährlichen Sandbänken und Untiefen gewarnt; heute ist es selbst ein technisches Denkmal. Sehenswert!

#4: Österreich, Burgenland: Bei den Scheuen und Schönen im Nationalpark Neusiedler See

Wer auf geschichtlichen Spuren zur Brücke von Andau unterwegs ist, kommt mit großer Wahrscheinlichkeit auch an einem unter besonderem Schutz stehenden Fleckchen Sumpf- und Feuchtwiesen vorbei, auf dem eine kleine Gruppe von rund 20 Großtrappen lebt. Quasi im Vorbeigehen können hier auch Laien ihr Ornithologen-Glück versuchen.

Die Großtrappe ist einer der schwersten flugfähigen Vögel – und weltweit sehr selten und gefährdet. Auch im Seewinkel war die Großtrappe nahezu ausgerottet – unnatürliche Todesursache Nummer Eins sind Kollisionen der Vögel mit Stromleitungen. Zu den grenzüberschreitenenden Schutzmaßnahmen gehört daher auch, dass in den letzten Jahren diverse Stromleitungen in die Erde verlegt wurden. Diese Maßnahmen scheinen zu wirken und die Population wächst ganz allmählich wieder.

Steckbrief

Was gibt’s zu sehen? Großtrappe

Wann ist die beste Zeit? Während der Balzperiode der Männchen von Anfang April bis Mitte Mai.

Ausgangspunkt? Andau, im östlichsten Zipfel des Burgenlandes. Etwa fünf Kilometer südlich des Dorfes steht am Rand der Bewahrungszone Waasen-Hanság ein Aussichtsturm, von dem aus man mit etwas Glück die Großtrappen zu Gesicht bekommt. Der Aussichtsturm ist mit dem Auto, dem Rad oder zu Fuß zu erreichen.

Informationen und Führungen: Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel

Aussichtsturm Andau
Großtrappen-Aussichtsturm bei Andau/Burgenland.

#5: Spanien, Provinz Valencia: Rambla de Arquela

Zwar lassen sich in den letzten Jahren selbst in Deutschland immer wieder mal Gänsegeier blicken, doch deutlich erfolgsversprechender ist es, auf der Iberischen Halbinsel nach ihnen Ausschau zu halten. In Spanien nämlich lebt der Großteil der europäischen Gänsegeier-Population, allen voran in Kastilien-Léon und in Andalusien – Schätzungen gehen von derzeit mehr als 25.000 Brutpaaren aus.

Zum Brüten und Rasten wählen sie senkrechte oder steile Felsklippen oder Schluchten, gerne mit Überhängen – genau so, wie sich auch die Berge im Hinterland von Valencia an trockenen Herbsttagen rötlich strahlend in den klaren spanischen Himmel erheben – nur eine Stunde vom Großstadttrubel und vom Meer entfernt. Gänsegeier hat es hier mehr als 40 Jahre nicht mehr gegeben, seit 2011 nun brüten sie wieder – aktuell etwa 35 Paare.

Steckbrief

Was gibt’s zu sehen? Gänsegeier

Wann ist die beste Zeit? Zur Paarungszeit im Winter sowie im Frühling, wenn die Jungen aufgezogen werden.

Ausgangspunkt? Tuéjar, etwa 80 Kilometer nordöstlich von Valencia. Etwa fünf Kilometer vom Ort entfernt, am – mitunter ausgetrockneten – Oberlauf des Río Tuéjar hat die Gänsegeier-Kolonie ihr Revier.

Informationen und Führungen: Fachkundige Begleitung (spanisch/englisch) bspw. durch den Biologen Virgilio Bellten von Actiobirding.

Gänsegeier-Hotspot
Großes Gänsegeier-Gucken entlang der Rambla de Arquela.

Buchtipp gefällig? – Für den Alpenraum bietet sich „Vögel der Alpen“ an. Der übersichtliche Führer ist im Haupt-Verlag erschienen (ISBN 978-3-258-07597-6).

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