Nationalparks USA

Auf der Mesa Verde

Schattenhüpfen in Colorado

Ist das wahr? Bin ich wirklich hier? – Etwas ungläubig schaue ich von der Mesa Verde ins Flachland. Auch jetzt, im Hochsommer, wird der Berg, zumindest auf der Nordseite, seinem Namen gerecht: Mesa Verde – Grüner Tafelberg.

Ich. Bin. Hier. – So etwas wie ein spätkindlicher Traum ist wahr geworden. Rund zwanzig Jahre zuvor hatte ich im Buch „Der Stern von Kalifornien“ das erste Mal von der Mesa Verde gelesen: Die Beschreibung einer Reise, die den Autor entlang der Westküste der USA und eben auch nach Colorado führte. Im abendlich-nächtlichen Schneegestöber machte er sich darin über die kurvenreiche Straße auf den Weg aus der Ebene hinauf auf das weite Plateau.

Kaum zehn Buchseiten sind also der Grund, dass ich viel, viel später selbst hier oben stehe. Begleitet von so ziemlich dem Gegenteil eines Schneegestöbers, nämlich gleißendem Sonnenschein.

Eigentlich ist es viel zu heiß, um irgendetwas zu machen. Die Spanier wissen schon, warum sie ihre Siesta halten und warum sie im Sommer erst spätabends wieder auf die Straße kommen … Ähnlich sinnvoll wäre das hier und heute.

Stattdessen bewegen wir uns an diesem ersten Nachmittag auf der Mesa Verde zwischen der Air-Conditioning-Kühle unseres Miet-SUV-Monsters und dem Schatten überhängender Felswände. Mehr als eine mini-kurze Wanderung hinunter in die Felsen, mehr als  dieses Schattenhüpfen ist heute nicht drin.

Was uns hierher treibt ist eine Wohnlösung der anderen Art: Pueblos, aus Lehmziegeln errichtete, mehrstöckige Siedlungen, die neben Wohn- und Vorratsräumen auch Zeremonien- und Versammlungsräume, sogenannte Kivas, beherbergten. Die Indianer des amerikanischen Südwestens haben auf der Mesa Verde einst ihre Nahrungsmittel angebaut. Gewohnt haben sie ab etwa dem Jahr 1200, wenn man so will, unter ihren Feldern. – Vom Plateau stiegen die Indianer dazu hinab in die Canyons und stellten in die Felsnischen ihre Lehmbauten. Die mitunter imposanten Überreste dieser Felssiedlungen sind heute noch zu bestaunen.

Insgesamt soll es auf der Mesa Verde rund 600 solcher Felsbebauungen geben. Einige wenige bilden richtig große, dorfähnliche Siedlungen aus eng aneinander geschmiegten Bauten. – Mit klangvollen Namen wie Cliff Palace, Balcony House, Spruce Tree und Long House.

Vielleicht ist es die Hitze, die uns langsam macht. Vielleicht das Jetlag, das wir in den ersten Tagen nach unserer Ankunft in Colorado noch immer verspüren. Jedenfalls stellt sich heraus, dass zwei Tage eigentlich zu wenig sind, damit wir uns alles wirklich ausgiebig anschauen zu können. – Wir werden wiederkommen müssen. Vielleicht ja dann auch im Winter!

Gut zu wissen

Lage: Im äußersten Südwesten von Colorado, etwa 400 Kilometer von Denver entfernt. Die Mesa Verde erhebt sich gut 600 Meter aus der sie umgebenden Landschaft. Am höchsten Punkt erreicht sie etwa 2.600 Meter. Das Plateau ist von mehreren Canyons durchzogen.

Anreise: Von Norden über die Kleinstadt Cortez bzw. über die Ortschaft Mancos kommend und dann die Mesa Top Ruins Road hinauf. Viele Touristen bauen die Mesa Verde auf einer „klassischen Reise“ durch den Südwesten der USA ein.

Der Nationalpark: Der Großteil der archäologischen Stätten auf der Mesa Verde wurde Ende des 19. Jahrhunderts ausgiebig erforscht, nachdem zwei Cowboys auf der Suche nach vermissten Rindern zufällig auf eine der bebauten Felshöhlen gestoßen sind. Der Mesa Verde Nationalpark wurde dann 1906 gegründet, er schützt die wichtigsten und größten archäologischen Stätten indianischer Kulturen in den USA. Cliff Palace, Balcony House und Long House können nur im Rahmen von Ranger-geführten Touren besucht werden. Tickets gibt es am Besucherzentrum, das sich noch vor dem Nationalpark-Eingang befindet. In den Sommermonaten ist die Nachfrage nach den Touren besonders groß. Da möglichst viele Besucher die Möglichkeit haben sollen, zumindest eine der Siedlungen zu besuchen, ist die Ticketvergabe ein wenig kompliziert: Für einen Tag darf man nur zwei Touren buchen. – Long House und entweder Cliff Palace oder Balcony House. Wenn du alle drei Touren mitmachen möchtest, musst du für die Mesa Verde damit mindestens zwei Tage einplanen. Was sicher aber durchaus lohnt. Außerdem gibt es eine Reihe von (kürzeren) Wandermöglichkeiten sowie (längere, geführte) Backcountry-Trail-Touren.

Übernachten auf der Mesa Verde: Entweder zeltest du auf dem gut ausgestatteten Morefield Campground. Oder du kannst einige Kilometer weiter in der Far View Lodge einchecken. Der Übernachtungspreis in der Lodge rechtfertigt sich nicht unbedingt über die Zimmereinrichtung, sondern über den Ausblick. Der ist nämlich sensationell.

Feuer: Immer wieder gibt es auf der Mesa Verde Buschbrände, meist ausgelöst durch Blitzeinschläge. Daher sieht man immer wieder große Flächen mit verbrannten Bäumen, die kahl in den Himmel ragen. Wer genau hinschaut: Am Straßenrand lassen sich jeweils auch Schilder entdecken, die Auskunft darüber geben, in welchem Jahr das jeweilige Waldstück niedergebrannt ist. Spannend zu sehen, inwieweit sich die Natur danach wieder erholen konnte.

Lesetipp: Seit etwa dem Jahr 600 war die Mesa Verde durch die indianische Urbevölkerung stärker besiedelt. Warum die Indianer, die vorher „ganz normal“ in der Ebene gewohnt haben, zunächst auf die Mesa Verde und später sogar in die Steilwände der Felscanyons gezogen sind, war lange unklar. Ebenso wie es unklar war, warum die Menschen relativ plötzlich wieder aus der Region verschwanden. Heute geht man davon aus, dass es am Klima lag. Die Menschen reagierten demnach immer wieder mit Um- und Weiterzügen auf Dürreperioden. Einen kurzen, detaillierteren Beitrag dazu findest du in Bild der Wissenschaft. Und „Der Stern von Kalifornien“ von Hans-Otto Meissner ist auch 40 Jahren nach seinem Erscheinen durchaus noch lesenswert; man wird das Buch aber wohl meist nur noch antiquarisch in die Hände bekommen.

Andere Nationalparks in der Region: Mesa Verde lässt sich perfekt mit anderen Nationalparks in „nächster Nähe“ kombinieren – Bryce Canyon, Arches, Zion …, um nur einige zu nennen. Bei Gelegenheit wird’s hier sicher auch dazu mal einen Artikel geben. Derweil findest du bei Claudia noch ein paar weitere Ideen für USA-Nationalpark-Reisen.

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