Deutschland Über Land

Der Eine-Million-Blüten-Duft

Lüneburger Heide

Eine Wanderung in der Lüneburger Heide 

Sehr weit sollten wir an diesem Morgen erst einmal nicht kommen: Gerade noch hatte es so ausgesehen, als würden wir hinter Behringen von der Hauptstraße abbiegen und auf einem Wanderpad schnurstracks mitten hinein in die Lüneburger Heide treten. Doch nun waren da erst einmal zwei Klapptische. Gerade drapierte die Besitzerin kleine Gläser mit frisch abgefüllter Marmelade darauf. Nein, Heidehonig habe sie nicht. Aber gleich müsse auch noch ihre Kollegin kommen, die das Gesuchte mitbrächte. 

Zwar hatte ich den Rucksack für die zweitägige Wanderung bewusst leicht gepackt. Doch penibelste Gewichtsklauberei war mir seit jeher fremd. Und die Aussicht, erstmals Heidehonig probieren zu können, ließ mich wenig später ein 250 Gramm-Gläschen bezahlen. 

Heidehonig – das flüssige Gold, von dem viele schwärmen, das aber nicht ganz ohne Weiteres zu bekommen ist. Denn Heidehonig ist es nur dann, wenn die Bienen Pollen der Besenheide gesammelt haben. 

Es summt und brummt. Neben modernen Bienenstöcken gibt es noch viele traditionelle Bienenkörbe in der Lüneburger Heide.

Die Besenheide, wissenschaftlich „Calluna vulgaris” genannt, gehört zur Familie der Heidekrautgewächse. Einst hat sie große Teile Norddeutschlands bedeckt. Heute ist die Lüneburger Heide die hierzulande wohl bekannteste Region, in der der kleine, robuste Strauch noch großflächig vorkommt.

250 Gramm Heidegold. 20.000 Mal sind Arbeitsbienen dafür ausgeflogen. Etwa eine Million Blüten haben sie dabei angesteuert. Das haben Imker ausgerechnet. 

Für den Moment schwenke ich das Glas noch ein paar Mal hin und her im Morgenlicht. Erst Tage später, wieder zu Hause, werde ich das Öffnen des Gläschens zelebrieren. Ein herber Duft strömt mir da entgegen, der mich am ehesten an Waldhonig erinnert. Der Geschmack recht eigen, statt süß recht würzig. Genüsslich und in ganz kleinen Mengen werde ich ihn immer wieder mal auf einem Sonnntagsbrötchen mit Butter genießen.

Doch erst einmal verschwindet das kleine Behältnis, gut eingepackt und vorsichtig ausgerichtet, in meinem Rucksack. Gut 35 Kilometer werde ich es tragen. Vorbei an traditionellen Bienenkörben und modernen Bienenstöcken. Über den Wilseder Berg, mit 169 Metern die höchste Erhebung der Gegend. Und durch den Totengrund, das Tal, das 1921 als erstes in der Lüneburger Heide unter Naturschutz gestellt war. Auch vorbei an Heidschnucken. 

Ein weißes „H“ wird uns immer wieder den Weg weisen durch die weiße, rosa oder auch purpurne Pracht. Wir werden Superlative hören: von der großartigsten Heideblüte seit Jahren. Seit Jahrzehnten. Ach was, von der Jahrhundertblüte! – Egal, was davon nun der Wahrheit am nächsten kommt, nach zwei Wandertagen  werden wir unseren Weg in Wesel beenden, den Eine-Million-Blüten-Duft aber noch lange in der Nase behalten. 

Gut zu wissen

Die Wanderung von Behringen nach Wesel folgt über etwa 35 Kilometer dem Heidschnuckenweg. Der Weitwanderweg führt über insgesamt mehr als 220 Kilometer von Hamburg nach Celle. 

Die Strecke haben wir mit einer Übernachtung in Wilsede recht mittig geteilt. Der Heideort mit seiner Handvoll Häuser ist autofrei und nur zu Fuß, mit dem Rad oder einer Pferdekutsche erreichbar.  

Die zweitägige Wanderung führt durch das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide und damit quasi durch das Herzstück der Region. 

Die Streckenempfehlung habe ich dem Buch „52 Eskapaden in der Lüneburger Heide“ von Alexandra Schlüter entnommen, das im DuMont Reiseverlag erschienen ist. Allerdings bin ich – aus organisatorischen Gründen – dem Weg entgegengesetzt, von Süd nach Nord, gefolgt. Wie rum man‘s hält, spielt letztlich keine Rolle und ist eher der Frage geschuldet, woher man anreist. 

Wir sind Anfang September gewandert. Die Heide blüht zwischen August und Anfang September. Wandern lässt sich hier aber grundsätzlich jederzeit. 

Der Heide-Shuttle, eine kostenlose Busverbindung, leistet gute Dienste, wenn man wieder zurück zum Startpunkt oder zum nächsten Bahnhof kommen möchte. Die Busse fahren in vier „Ringen“.  Mehrere Zuganschlüsse in der westlichen Heide, u.a. in Schneverdingen, Handeloh und Wintermoor.

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