Bergauf Hier & da hin

Alles halb so kalt!

Im Rofan: Aufstieg von der Erfurter Hütte zum Winterbiwak

Winter-Biwak im Rofan

Um es vorweg zu schicken: Biwakieren im Schnee ist gar nicht so kalt, wie man sich das im Allgemeinen vorstellt. Im Gegenteil. Eingemummelt in einen wohlig-wärmenden Schlafsack und mit einer Mütze auf dem Kopf gibt man der Kälte keine Chance! Zumal sich in der Schneehöhle die Temperatur ganz natürlich bei knapp über Null einpegelt. Wenn man alles richtig macht. Bis dahin ist’s jedoch ein hartes Stück Arbeit:

Hoch über dem Achensee in Tirol zeigt sich das Rofan von seiner Schokoladenseite: Ein Postkartenblaues Himmelszelt über uns und aber-milliarden funkelnder Schneekristalle wohin wir auch treten.

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Trotz unserer Schneeschuhe sinken wir heute hier und da besonders tief in die weiße Pracht ein. Die Rucksäcke sind deutlich größer und schwerer als gewöhnlich auf Tour. Denn wir haben unseren halben Outdoor-Hausstand dabei: Isomatte, Schlafsack, Kocher und Kochgeschirr. Irgendwo schlummert auch noch eine Flasche Glühwein.

Wir sind auf Biwak-Mission. Ganz planmäßig. Weshalb Tourleiter Christian an der Erfurter Hütte nicht nur unser Lawinen-Grundwissen auffrischt. Sondern uns knapp dreihundert Höhenmeter weiter oben, unweit der Grubascharte, in die Geheimnisse des Schneehöhlen-Baus einweist.

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Hier, in einer Senke, hat sich der Schnee angesammelt – perfekt für unser Vorhaben. Mit dem Skistock zeichnet Christian verschiedene Grundrisse in den Schnee. Und wie beim Hausbau unten im Tal heißt es nun: Schauen, mit wem man unter einem gemeinsamen Dach nächtigen will, die optimalste Form aussuchen – und los geht’s.

Während wir zu viert das Modell „Tiroler Wintertraum“ aus dem Schnee schaufeln, baut sich unser Nachbar zur Rechten sein „Single-Apartment mit Luxus-Outdoor-Küche“. Zur Linken entsteht – mit großer Höhlenöffnung nach vorn – eine  rustikalere Variante. Und damit mehr ein Gegenentwurf zu unserer Luxus-Suite mit allem Schischi.

Die nächsten gut zwei Stunden sind wir mit dem Häuslebau beschäftigt. Während wir uns mit den Schaufeln immer tiefer in den Schnee hineingraben, wechseln wir uns regelmäßig ab. Die einen stechen den Schnee im Innern ab, werfen ihn vor die „Tür“, die anderen räumen den Platz draußen immer wieder frei und bauen so gleichzeitig einen kleinen Schutzwall ringsum, der nachts den Wind etwas abhalten soll.

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Die Sonne versinkt allmählich hinter den Bergen als wir fertig sind: Zwei Liegeflächen haben wir freigeschaufelt. Jeweils mit knappem, aber genügendem Platz für zwei. Der kleine Gang dazwischen liegt etwa einen halben Meter tiefer. Unser Kältegraben. In diese kleine Nische soll jedes Fitzelchen Kälte sacken, das sauerstoffreich von außen hereinströmt.  – Während auf unseren Liegeflächen eine wohlige Null-Grad-Atmosphäre herrscht.

Was wäre die schönste Biwak-Nacht ohne einen forsch zischenden Gaskocher, auf dem schon schnell eine Suppe blubbert. Später, auf den ebenfalls in Schnee geschaufelten Sitzbänken vor unserer Höhle, machen wir es uns noch mit einem dampfenden Glühwein bequem. Weihnachten ist erst wenige Wochen her. Und was auf den Märkten der Stadt gegen kalte Hände hilft, kann hier oben nicht schaden.

Irgendwann sucht der eine ein weiteres Paar Handschuhe, zieht der andere eine Daunenjacke über. Die Kälte kriecht unerbittlich an Beinen, Armen und am Rücken empor. Erst einer, dann ein zweiter und bald die ganze Gruppe will nun herausfinden, ob die Schneehöhle in der Praxis wirklich hält, was sie in der Theorie versprochen hat.

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Tatsächlich: Während in einer extra dafür ausgekratzten Nische ein Teelicht brennt und ihr Schein die Schneewände in ein Lichtermeer verwandelt, tauen wir allmählich auf und sinken in einen tiefen, erholsamen Schlaf. Nicht, ohne vorher noch die Rucksäcke in den Eingang gestellt zu haben. Quasi als Tür, die den Wind von außen abhält.

Morgens fällt es schwer, sich aus dem Schlafsack zu schälen. Denn außerhalb der kuscheligen Schutzschicht ist alles kalt und feucht. Zum Glück hatte ich am Abend noch daran gedacht, die Stiefel mit in den Schlafsack zu nehmen. So sind wenigstens sie trocken und warm.

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Beim Blick vor die Schneehöhle empfängt uns das Rofan mit einem fantastischen Panorama. Schade eigentlich, dass wir nur auf Wochenend-Ausflug sind und nach einem kurzen Frühstück schon wieder alles zusammenpacken müssen. Ein letzter Blick auf unser Quartier, bevor es wieder hinunter zur Erfurter Hütte geht. Ja, für eine Nacht in einer selbstgebauten Schneehöhle ist man nie zu alt. Ich jedenfalls wäre jederzeit für eine Wiederholung zu haben!

Zum Weiterlesen: Statt Schneehöhle probiert unsere Biwakier-Nachbarin die rustikalere Variante. Dort, quasi an frischer Luft, herrschen einstelligen Minusgrade und der Schlaf fällt etwas knapper aus als sonst. Doch auch für Sonya ist klar: Ein Biwak ist „viel schöner … als manch 5-Sterne-Unterkunft“.

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