Auf den Spuren von Thomas Mann in Bad Tölz

Statt der Sonne jedoch gab es Schnee, Schnee in Massen, so kolossal viel Schnee, …“, heißt es im Zauberberg von Thomas Mann. „Es schneite Tag für Tag und die Nächte hindurch, dünn oder in dichtem Gestöber, aber es schneite. Die wenigen gangbar gehaltenen Wege erschienen hohlwegartig, mit übermannshohen Schneewänden zu beiden Seiten …“ 

Über viele Seiten schildert das Schnee-Kapitel, eine der zentralen Passagen aus dem Roman „Der Zauberberg“, wie der Protagonist Hans Castorp bei einem Skiausflug im Hochgebirge in einen Schneesturm gerät. Was Schneemassen bedeuten, hat Thomas Mann zum ersten Mal in Bad Tölz erlebt. Der Schriftsteller hätte, wie er in einem Brief schreibe, noch nie so viel Schnee wie dort gesehen, erzählt Martin Hake.

Gemeinsam mit dem Thomas-Mann-Forscher und Stadtführer Martin Hake sind wir auf dem Weg zum Sommerhaus der Familie Mann in Bad Tölz. Die Villa gehört heute zum St. Josefsheim, einem Altersruhesitz der Armen Schulschwestern. Öffentlich ist das Haus bis auf ganz wenige Ausnahmen daher nicht zugänglich. Aber über den Gartenzaun schauen, das geht immer. Die Original-Möbel sind längst verkauft, äußerlich ist das Haus allerdings unverändert.

Hake selbst ist eigentlich Ingenieur. Und Nachbar der Mannschen Villa – er ist nebenan aufgewachsen und hat mit einigen Jahren Unterbrechung immer dort gelebt. Die „Faszination Mann“ ist also naheliegend.

Thomas Mann kannte Bad Tölz schon von früheren Besuchen, zwischen 1909 und 1917 hat er dann regelmäßig den Sommer im Landhaus in dem Isarstädtchen im Alpenvorland verbracht. Oft kam er mit der Familie für mehrere Monate, mindestens zwei Mal auch im Winter. Die Familie hatte das Haus 1908 am damaligen Ortsrand bauen lassen. Drumherum war seinerzeit viel Wiese. Und Ruhe.

Ruhe bei der Arbeit war dann auch das oberste Gebot im Schriftstellerhaushalt, wie in Briefen nachzulesen sei. So durften die Kinder in dem großen Garten nicht auf der Ostseite des Hauses, dort wo das Arbeitszimmer des Vaters war, spielen. Als sich die zweijährige Erika doch einmal dorthin, auf die andere Gartenseite, „verirrte“, fragte sie, wer in diesem Haus wohne. – Sie hatte die Villa nie von dieser Seite gesehen.

Offener Himmel, meine ich, zerstreut die Gedanken. Im Sommer brauche ich wenigstens die Decke einer Veranda, eines Gartenhauses über dem Kopf, ein Gehäuse, das, sozusagen, die Atmosphäre des Werkes schützt.

(Thomas Mann)

Zurückgeholt

Stadtführer Hake weiß viel Wissenswertes und Anekdotenhaftes auf seiner Führung zu berichten, die 2017 wohl ein breites Publikum ansprechen dürfte, denn dieses Jahr wird als Jubiläumsjahr in Bad Tölz begangen. – 100 Jahre nach seinem letzten Aufenthalt wird Thomas Mann so quasi wieder „zurückgeholt“. Ab März gibt es eine Vielzahl von Vorträgen und Führungen, bei denen den Tölz-Bezügen im Werk von Thomas-Mann nachgespürt wird; im Herbst läuft eine Thomas-Mann-Filmreihe im Kino. Im Anschluss ließe sich noch das Thomas-Mann-Bier probieren, das das Tölzer Mühlfeldbräu zum Jubiläumsjahr kreiert hat.

Ob Thomas Mann nach getaner Arbeit hin und wieder auch ein Bier auf der Veranda seines Sommerhauses trank? – Der perfekte Platz wäre es jedenfalls gewesen, mit dem – damals offenen – Blick über die Wiesen, auf den Klammerweiher und auf die Berge.

Die Thomas-Mann-Villa habe ich während einer Presseveranstaltung der Stadt Bad Tölz besucht.  

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