Bergauf Hier & da hin Mehrtagestouren Alpen

Grün, komfortabel, gutmütig

Scheidseen und Schönverwall (c) CvG

Die klassische Verwallrunde

Vor allem vier Dinge sind mir von der Verwallrunde in Erinnerung geblieben: Das viele Grün. Die Bergseen zum Baden. Die sehr gut ausgestatteten Hütten. Und die Gutmütigkeit der Sieben-Tages-Tour.

Das ganze ist natürlich in Relation zu setzen zu den Gegebenheiten, die einen erwarten, wenn man in den Alpen auf größtenteils mehr als 2.000m unterwegs ist, in Alpenvereinshütten nächtigt und verhältnismäßig gutes Wetter hat. Nur grün bleibt grün.

Die Tour kann ich jedem empfehlen, der zwei Anforderungen erfüllt: Auf einem Berggipfel hat man idealerweise schon hin und wieder gestanden. Und man sollte auch kürzere Berg-Tage genießen können.

Aber von vorne:

Erste Etappe: Zur Kaltenberghütte

Maroiseen (c) CvG

Eine kurze Etappe zum Einlaufen: Von St. Christoph sind es über den recht einfachen Berggeistweg vier Stunden zur Hütte. Noch kürzer und direkter ginge auch, theoretisch. Aber ganz im Ernst: Nur zweieinhalb Stunden laufen – das will doch eh kaum jemand, der sich auf eine ganze Wanderwoche freut.

Oberhalb der Maroiseen ein ideales Pausen-Plätzchen gefunden. Kurze Zeit später ein paar sommerlich-stille Ski-Lifte gekreuzt – und schon wieder verschwunden in der Natur.

Abends dann: Irgendwie doch müde. Könnte daran liegen, dass ich heute gelaufen bin, als hätte ich rohe Eier im Gepäck. Ganz so fragil war meine Fuhre zwar nicht, aber: Ein Mini-Guglhupf musste mit hierher.

Zweite Etappe: Zur Konstanzer Hütte

An der Krachelspitze (Kaltenberg)

Geburtstage auf Wanderungen sind toll: Der Mini-Guglhupf samt Mini-Kerze ist gleich morgens an die Frau gebracht. Wir dürfen natürlich alle vom Geburtstagskuchen probieren.

Bei schönstem Sommerwetter soll es hinauf zur Krachelspitze und dann weiter zur Konstanzer Hütte gehen. Der Weg ist als „schwer“ und mit sechs Stunden angegeben. Blau markiert. Korrekter: weiß-blau-weiß. Denn die Kaltenberghütte und ein kleines Steigstück liegen – nicht wie der Rest der Runde in Tirol, sondern – in Vorarlberg. Ein schwarz & schwer ist hier also weiß-blau-weiß; blau & leicht ist weiß-gelb-weiß.

Die Krachelspitze liegt etwas links des Weges. Wir lassen unsere Rucksäcke am Gipfelfuß zurück und laufen leichten Fußes die letzten Meter.

Auf der anderen Seite geht es nahe der Kaltenbergmoräne hinunter – vom Namen gebenden Kaltenberggletscher ist kaum etwas übrig. Hellblaue Farbklekse auf dem Geröll begleitet uns auch auf der Gegenseite wieder hinauf, zum Gstansjöchli. Schon recht praktisch, solch hellen Farben.

Ab dem Gstansjöchli dann wird der Berg schlagartig wieder grün. Wir sind auf den nach Südosten ausgerichteten Hang gewechselt. Recht gleichmäßig geht es hinab zur Konstanzer Hütte. Immer mit abwechslungsreichen Blicken auf die Berge, die wir in den nächsten Tagen durchstreifen werden.

Der Hütte merkt man an, dass sie gut über einen einfachen Weg vom Tal her zu erreichen ist: Ein sogenanntes Matratzenlager mit dem Komfort eines Bettenlagers, Duschen inklusive (auf AV-Hütten – verständlicherweise – eine große Ausnahme), ein sehr nettes Hüttenteam und ein schöner Gastraum. Außerdem eine vielversprechende Karte für den Abend. – Hunger haben wir in jedem Fall mitgebracht!

Dritte Etappe: Zur Heilbronner Hütte

Aufstieg zum Wannenjöchli

Schon vor unserer Tour stand die Option im Raum, dass wir uns am heutigen Tag aufteilen würden. Neben dem Weg ein Stück das Fasultal hinauf, dann nach rechts in schier endlosen Schleifen zum Wannenjöchl und wieder hinunter über den Bruckmannweg gäbe es eine zweite, direkte & einfachere Variante. Aber alle fühlen sich fit, so dass wir zusammen bleiben.

Allmählich herantasten an schwierigere Passagen, heißt die Devise auf der Verwallrunde. Wer ausgesetzte Stellen nicht sonderlich mag, sich aber trotzdem ganz vorsichtig am Hochgebirge versuchen möchte, für den ist die Verwallrunde eine nahezu ideale Übungswoche. Das zumindest hat sich in unserem Vierer-Gespann bewiesen.

Zum gutmütigen Charakter der Tour trägt sicher auch bei, dass die Tagesetappen selten wirklich lang sind. Wir haben unterwegs Zeit für lange Pausen. Und fast täglich ist ein Sprung in einen der eiskalten Gebirgsseen drin.

Fast die Heilbronner Hütte erreicht, schauen wir zurück ins Tal: Einer der für mich prächtigsten Blicke der gesamten Tour eröffnet sich hier. Hinab ins Schönverwall. Auch bei Mountainbikern ist die Strecke hinauf zur Hütte beliebt. Ein paar Zweiräder lavieren sich samt schnaufenden Fahrern an uns vorbei. Bewundernswert, diese Kondition!

Vierte Etappe: Zur Friedrichshafener Hütte

Querblicke – Vom Vertineskopf zur Vollandspitze

Einer dieser an und für sich kurzen Tage der Verwallrunde. Gehzeit auf dem leichten Bergweg rund 3,5 Stunden. Es lässt sich nicht viel mehr sagen zum Weg als: Es geht kurz hoch, runter, wieder hoch und wieder runter.

Wir verlängern den Tag, indem wir nach dem zweiten „hoch“, am Muttenjoch, noch die Gaisspitze mitnehmen. Mit einigen Seilversicherungen geht’s dabei, nicht mehr ganz so leicht wie bis hierher, auf 2.779m hinauf. Die Gaisspitze ist damit der südlichste Punkt unserer Verwallrunde. Mit wunderbar-weitem Blick hinüber ins Jamtal.

Wieder zurück zum Muttenjoch und einige Meter weiter Richtung Friedrichshafener Hütte. Ausgiebige Pause. Noch Energie? – Wir teilen uns: Zwei zur Hütte, zwei auf einen weiteren Abstecher:

Auf dem Georg-Prasser-Weg über den Vertinespleiskopf und zum Schafbicheljoch. Vorbei geht’s zunächst einfach an einigen kleineren Bergseen. Später gibt’s hier und da ganz kurz Fels-Hand-Kontakt. Noch später Wasserkontakt. Beim Sprung in den See an der Hütte. Merkwürdig auffällig an der Verwallrunde ist, dass man einerseits zu den Hütten recht schnell und direkt aus dem Tal zusteigen kann. Dazwischen ist das Gefühl von Weite umso größer. Meist mit fantastischen Blicken.

Fünfte Etappe: Zur Darmstädter Hütte

Gerade noch am Busch …

Abends sitzen wir auf der für mich besten Hütte der gesamten Verwallrunde. Das liegt nicht daran, dass es in unserer Gruppe auch heute wieder was zu feiern gibt, sondern am Wirt mit seinem Team. Einige Hüttenwirte bleiben auch nach Jahren in Erinnerung – Andi von der Darmstädter Hütte gehört unbedingt dazu. Sehr sympathischer Empfang, ehrlich-freundliches Interesse am Gast und dessen Wohlbefinden. Erstaunlich: Er merkt sich tatsächlich die Vornamen seiner Gäste! Dazu gibt’s eine sehr köstliche Alpenküche.

Aber erst mal müssen wir dorthin laufen: Nachdem wir den Ludwig-Dürr-Weg nicht gehen können (Empfehlung vom Wirt wegen vorübergehender Hindernisse auf dem Steig), bleibt als Alternative nur: hinauf zum Schafbichljoch.

Unser Start verzögert sich, da wir noch ein morgendliches Gewitter aussitzen müssen. Dann laufen wir doch im Laufe des Vormittags los – trotz immer noch strömenden Regens. Sehr viel unangenehmer könnte es Mitte August kaum sein. Da helfen auch Regenjacke, Regenhose und Handschuhe nur wenig. Zu allem Übel bläst der Wind kräftig in unsere Gesichter. – Sommerurlaub!

Hinter dem Schafbichljoch geht es gleichmäßg ins Fasultal hinab. Ein kleines Wegstück überlappt sich mit der Route vom dritten Tag. Ganz unten dann endlich: Der Regen hat schon längst aufgehört, jetzt kommt auch die Sonne durch. Zeit für eine Pause. Für’s Sachentrocknen. Und Kraft sammeln.

Denn jetzt geht’s wieder die ganzen Höhenmeter hinauf: 1.100 sind es etwa. Hin zum Übergang am Kuchenjöchli verändert sich die Landschaft recht abrupt, wird Meter um Meter alpiner. Vom Kuchenjöchli ist das Tagesziel bereits zu sehen. Einige seilversicherte Meter führen hinab zum Apothethekerweg, der sich zunächst über einigen Schnee und dann doch recht lang dahinzieht. Zur Belohnung gibt’s ein Alpenblumen-Meer für uns. Außerdem besagte köstliche Küche: Das Knödel-Dreierlei, einen Kaiserschmarrn. Und unsere selbstgeflückten Heidelbeeren.

Sechste Etappe: Zur Niederelbehütte

Niederelbehütte

Das Wetter schuldet uns wohl was für den gestrigen Vormittag. Jedenfalls geht’s heute sofort mit strahlender Sonne los. Der Aufbruch zieht sich hin – zu gemütlich ist’s auf der Terrasse!

Gestern Apotheker-, heute Advokatenweg. Würden heute Wege angelegt, müssten sie wohl Web-Designer-Weg oder ähnlich heißen. Vom Advokatenweg haben wir noch lange Zeit eine wunderschöne Sicht zurück zur Darmstädter Hütte, das Gehen aber ist anstrengend. Am Schneidjöchli dann außerdem geniale Ausblicke nach vorn, nach Osten. Danach über den Hoppe-Seyler-Weg zur Kieler Wetterhütte, einer kleinen Notunterkunft. Auch hier hinauf ist’s etwas mühsam, allerdings ist das wohl der Hitze anzulasten.

In einem langen Bogen hinunter Richtung Niederelbehütte. Kurz vor der Hütte lassen wir die Rucksäcke liegen und gehen noch ein paar Meter Richtung Kappler Kopf. Von dort hat’s eine wunderschöne Rundsicht.

Abschluss des Tages – eigentlich schon selbsterklärend auf dieser Runde: Ein Bad im Sess-See, kurz unter der Hütte.

Siebte Etappe: Zur Edmund-Graf-Hütte (und Abstieg nach Pettneu)

Schmalzgrubensee

Früher Morgen. Nochmals zeichnet sich ein grandioser Sommertag ab.

Auf einer etwa einwöchigen Wandertour stellt sich bei mir irgendwann dieses zwiespältige Gefühl ein: Einerseits gesättigt von all den wunderbaren Natur-Eindrücken. Anderseits immer noch das Verlangen, alles aufzusaugen. So auch im Verwall.

Der Kieler Weg, der von der Niederelbehütte Richtung Schmalzgrubenscharte führt, lässt sich wunderbar laufen. Über lange Strecken fast auf gleicher Höhe. Später auch leicht auf und ab. Vor der Schmalzgrubenscharte müssen noch ein paar Höhenmeter im Zick-Zack überwunden werden. Bei gleißender Sonne ist’s recht mühsam. Umso belohnender die Pause in der Schmalzgrubenscharte.

Theoretisch, so unsere Überlegung, ließe sich der Hohe Riffler noch in Angriff nehmen. Doch es ist viel zu heiß dafür. Daher kurze Zeit später: Der Schmalzgrubensee ist fällig. Beim Hineinspringen, Ab- und Auftauchen ein Gejauchze, das wohl noch auf der Edmund-Graf-Hütte zu hören sein muss.

Auf der Hütte haben wir Pech, könnten nur noch ein Notlager bekommen. Wir entscheiden uns dagegen. Der Hohe Riffler muss bis zu einer nächsten Gelegenheit warten. Wir steigen – zunächst gut Höhe verlierend und dann gemächlich dem Malfonbach folgend – hinab Richtung Pettneu. Schön war’s, das Verwall. Sehr grün. Sehr komfortabel. Und sehr gutmütig.

Hier findest Du eine kleine Bildergalerie der Verwallrunde.

Tipps:

Auf der Karte finden: Das Verwall (seltener auch: Ferwall; abgeleitet und allmählich umgewandelt aus „val bel“ – „schönes Tal“) liegt in den zentralen Ostalpen. Westlich von Landeck. Höchster Gipfel ist der Hohe Riffler. Er kann auf dem Normalweg von der Edmund-Graf-Hütte bestiegen werden.

Parken & Start: In der Nähe des Schwimmbads in Pettneu gibt es einen Parkplatz, auf dem das Auto gut abgestellt war. Mit dem Bus nach St. Christoph (1 x Umsteigen in St. Anton). Am besten vorab in der Tourist-Information nach den Fahrplänen fragen.

Nach der Wanderwoche: Wechselwäsche im Auto deponieren. Perfekt: Im Schwimmbad kann man für ein, zwei Euro die Duschen nutzen. Oder gleich noch eine Runde schwimmen gehen.

Charakter der Tour: Es handelt sich um eine schwere Wanderung bzw. leichte Bergtour.

Individuell planen: Bei der Verwallrunde kannst Du nahezu endlos und individuell Deine ganz persönlich Tour-Variante planen. Insgesamt eine recht einfache Runde und auch für weniger Geübte (soll nicht heißen: Ungeübte) gut machbar. Schwierigere Stellen wie der Ludwig-Dürr-Weg, der Hoppe-Seyler-Weg sowie die Riffler-Besteigung können bei Bedarf umgangen bzw. ausgelassen werden. Einzig beim Übergang von Westen zur Darmstädter Hütte, über das Kuchenjöchli, ist eine kurze seilversicherte nicht umgehbar. Praktisch für die weitere Planung ist diese Website zur Verwallrunde. Außerdem hat beispielsweise Corinna alias Outdoormädchen eine Vier-Tage-Version der Verwallrunde auf ihrem Blog.  

  1. Pingback: Verwallrunde: 8 Tage Hüttentour im Verwall

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