Münchner Momente

Hach, schön hier!

Großer See

Vom Lustwandeln und Lustwandern. Oder: Dinge, an die ein Bergsteiger beim Spaziergang denkt

Erlebnis-duselig nach Hause kommen? Das geht! Nach einer außergewöhnlichen Wanderung in den Bergen. Genauso wie nach einem Spaziergang im Park.

Ich mag ja Anlässe, zu denen ich mich plötzlich mit etwas ganz Neuem beschäftigen kann: Information overkill hin oder her – das Geniale an diesem ganzen Internet-Gedöns ist doch, dass wir uns ein-zwei-fix in so ziemlich jedes Thema kurz einlesen können. Und während ich ein wenig in den Online-Tiefen stöbere, steigt die Vorfreude: 

Tweetwalk statt Tweedtalk

In den Schlosspark Nymphenburg soll es gehen. Zum Lustwandeln, zu einem Tweetwalk: Blogger, Instagramer und sonst noch so einige Kulturinteressierte, die sich im digitalen Raum bewegen, treffen sich dazu im Park. Lauschen den Erklärungen der Experten. Lassen die Welt unter dem Hashtag #Lustwandeln daran teilhaben. Alles ganz geerdet, alles ganz verständlich, alles ganz unprätentiös.

Erst mal noch ganz barock-symmetrisch ...
Erst mal noch ganz barock-symmetrisch …

Wir erfahren – verkürzt zusammengefasst: Der Schlosspark Nymphenburg ist im Ursprung ein barocker. Im Barock hat der Adel seine Gärten gerne in ein streng geometrisch- symmetrisches Korsett gepresst. Ab dem 18. Jahrhundert dann wurde es Mode – quasi auch als Auflehnung gegen dieses ganze Die-Macht-zur-Schau-Stellen – scheinbar zufällig Wildwuchs zuzulassen und die natürliche Umgebung zu integrieren.

Nature in a nutshell

Die Engländer haben’s „erfunden“, weshalb auch vom Englischen Landschaftsgarten gesprochen wird. Inspiriert waren die englischen Landschaftsarchitekten wiederum von den Landschaftsmalern, die schon seit einiger Zeit den einen oder anderen (besonders sehenswerten) Ausschnitt aus der Natur auf die Leinwand brachten.

Wildnis, Natur, Landschaft. – Hatte ich da am Vorabend nicht etwas über Petrarca aufgeschnappt? Der habe, so heißt es, als erster so etwas wie eine „Landschaftserfahrung“ gemacht.

Mittlerweile ist unser Tweetwalk im Schlosspark Nymphenburg am Kleinen Wiesental angekommen. „Nahezu montan hier“, höre ich den Nymphenburger Landschaftsarchitekten sagen und dabei auf einen kleine Böschung zeigen. Dieser vielleicht knapp über zwei Meter hohe Hang ist künstlich aufgeschüttet. Einige Lärchenbäume obendrauf sowie ein, zwei gestalterische Kniffe – und fertig ist die perfekte Illusion einer Voralpenlandschaft.

„Nahezu montan hier …“

Da fällt mir ein: Voralpen? Landschaft? … Petrarca? Da klingelt doch was … War das nicht der, dem man auch die Begründung des Alpinismus auf die Fahnen schreibt? Genau! Das ist der, der im 14. Jahrhundert von seiner – vielleicht auch nur imaginären – Besteigung des Mont Ventoux in Südfrankreich schrieb. Quasi zweckfrei sei er auf den Berg gestiegen. Nur, um sich das ganze mal von oben anzuschauen. Einfach, weil er Lust drauf hatte. Lustwandeln at its best. – Lustwandern! Vor ihm war noch keiner auf diese Idee gekommen. Oder hat zumindest, soweit wir wissen, nichts darüber geschrieben.

Später dann, nach einer extra Runde Lustwandeln nach dem Lustwandeln, lande ich also erlebnis-duselig auf dem Sofa. Denke über Landschafts- und Naturparks nach. Darüber, dass doch alles mit allem zusammenhängt. Darüber, dass es hier wie da Wegegebote gibt. Über die mitunter strengen und daher auch durchaus ungeliebten Parkordnungen. Darüber, dass das in Nymphenburg jedenfalls irgendwie alles einen Sinn ergibt. Damit wir trotz immer enger werdender Großstadt auch beim nächsten Besuch ganz tief durchatmen, uns merkbar entspannen und sagen werden: Hach, schön hier!

Um den Nymphenburger Schlosspark kennenzulernen, hast du drei Möglichkeiten:

#1: Einfach hingehen, loslaufen, alles auf dich wirken lassen.

#2: An einer regulären Führung teilnehmen: Diese Themenführungen sind größtenteils kostenlos (oder kosten nur wenige Euro). Themen sind beispielsweise „Der Nymphenburger Schlosspark unter Kurfürst Max Emanuel“ oder „Wasser marsch!“, eine Führung für Kinder.

#3: Eine Privatführung buchen oder an einer Sonderführung teilnehmen: Sonderführungen finden immer wieder mal statt. Einfach die Augen und Ohren offen halten, z. Bsp. rund um Jubiläen oder bei sonstigen Spezialanlässe. Mit etwas Glück geht’s dabei sogar auf den königlichen Dachboden oder in den royale Badesaal.

Hilfreich bzw. ergänzend für alle Varianten: Die gelungene Schlosspark-App auf dein Smartphone laden. Am besten im Vorfeld bei guter und schneller W-LAN-Verbindung (die App ist sehr groß und das Herunterladen dauert einige Zeit). Neben gut verdaubaren Info-Häppchen rund um das Lustwandeln im Garten gibt’s bei der „Fasanenjagd“ auch was zu spielen.

Kleines Wiesental: Lustwandeln mit der Nymphenburg-App
Kleines Wiesental: Lustwandeln mit der Nymphenburg-App

Bücher zum Weiterlesen

  • Faszination Berg. Die Geschichte des Alpinismus (Peter Grupp)
  • Lustwandle. Gärten und Parklandschaften (Volker Gebhardt)
  • Nymphenburg – Schloss, Park und Burgen (Amtlicher Führer)

Merci an Tanja Praske und das Team von der Bayerischen Schlösserverwaltung sowie an die Kulturkonsorten für diesen Tweetwalk.

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